Die artgerechte Haltung und Pflege von Büchern

Für ein langes und glückliches Bücherleben

Du holst ein älteres Lieblings-Buch aus dem Regal, es bleibt hängen, der Rücken reißt ab oder es ist jetzt krumm und schief, weil es zu wenig Gesellschaft hatte. Jeder der viele Bücher hat kennt das Dilemma zu voller Regale oder auch Lücken in denen die Bücher umkippen. Hier erfährst du, wie du ein fürsorglicher Buch-Halter wirst.

Bücher sind Herdentiere, haben also am liebsten Nachbarn rund herum. Stehen sie von ihren Artgenossen zu weit weg, fühlen sie sich schnell einsam und „knicken ein“. Die Bindung am Rücken der Bücher wird geschwächt. Nimmst du also ein Buch aus dem Regal, rutsche die anderen wieder nahe zusammen, so können sie kuscheln und vereinsamen nicht. Am Ende der Bücherreihe kannst du zur Unterstützung eine rostfreie Buchstütze aufstellen.

Achte beim Aneinanderschieben der Bücher, dass Exemplare aus zu eng geschobene Buchreihen die Angewohnheit haben, sich nicht recht aus dem Verband ihrer Artgenossen lösen zu wollen. Das führt zu Reibung an den Deckeln, außerdem muss man die Bücher oft mit mehr Kraft als nötig aus dem Regal holen was zu Verletzungen führen kann. Ratsam ist es also, die Bücher etwas lockerer aneinander zu stellen.

Ist ein Buch zu groß für ein Regal, drehe es um 90° und lege es auf seinen Rücken. Wird es auf die Vorderkanten des Einbandes gestellt, hängt der Rücken durch, was zu Rückenschmerzen beim Buch führt. Es könnte sich sogar mit der Zeit aus dem Einband lösen. Ein auf dem Rücken liegendes Buch fühlt sich eingekuschelt zwischen gleichhohen oder höheren Büchern sehr wohl.

Besonders große oder schwere Wälzer sollten generell liegend gelagert werden. Langes stehen schlägt ihnen durch ihr Gewicht oder die Größe aufs Gestell. Oft geben die Materialien nach und es kommt zu gravierenden Haltungsschäden bis hin zu Einbandvorfällen.

Bücher mögen es nicht, am Rücken gezogen zu werden. Holst du ein Buch aus dem Regal, ist es am schonensten für alle Teile den Finger auf den Buchblock zu setzten und das Buch aus dem Regal heraus zu kippen. Eine andere Möglichkeit ist, links und rechts das Buch am Einband zu packen und heraus zu ziehen. Bei beiden Methoden immer auf den Rücken aufpassen und auf ihn keinen Zug ausüben. So sanft behandelt belohnt das Buch seinen Besitzer mit langer Gesundheit.

Eine weitere respektvolle Behandlung von Büchern ist es, wenn man auf Post-It-Zettel oder andere Seitenmarktierungen mit Kleber verzichtet. Das Haftmittel hinterlässt auf dem Papier leichte Klebespuren auf denen verschiedenen Schmutzpartikel haften bleiben. Solche Stellen sind ein Angriffspunkt für Buchkrankheiten und Parasiten. Auch alle dickeren Lesezeichen werden von Büchern nicht geschätzt – sie verursachen Verspannungen im Rücken. Verwende Papierfähnchen als Markierung während du arbeitest.

Zusätzlich zum fehlenden Einband hat dieser Patient nicht nur einen gebrochenen Rücken sondern auch massive Haltungsschäden. Hier sind tiefgreifende chirurgische und orthopädische Maßnahmen notwendig.

Möchtest du öfters mal Bücher einscannen, ist anzuraten einen Scanner zu kaufen oder zu leihen, dessen Scanfläche bis an den Rand geht. So lassen sich die Bücher in einem 90° Winkel geöffnet scannen. Auch Hand- oder Stabscanner sind für Bücher praktisch und recht preisgünstig. Muss das Buch 180° geöffnet werden und dabei mit dem Gesicht auf das Glas gequetscht werden, kann es bei manchen Bindungen schnell zum Rückenbruch kommen. Das wäre der Tod für die meisten Bücher, da sich die Bindung dann immer weiter auflöst.

Im allgemeinen haben es Bücher gerne kühl, dunkel, sauber und trocken. Auch bevorzugen sie eher Regalbretter aus nicht-harzendem, eher unbehandeltem Holz ein bisschen vom Boden weg. Das ist eine perfekte Umgebung in der Bücher lange ihres Lebens schlummern können bis wir sie wieder zur Hand nehmen. Natürlich ist das nicht in jeder Wohnung möglich. Es ist wie mit Zimmerpflanzen, wir machen es ihnen so angenehm wie möglich in der gegebenen Umgebung. So sind Bücher dann auch lange glücklich und bereit, uns ihr Wissen für lange Zeit zu bewahren.

Perfekt ist eine Temperatur von ca. 15 °C und eine Luftfeuchtigkeit von ca. 55 %. In einer Wohnung ist das natürlich schlecht einzuhalten, aber so in etwa geht das schon. Ist es ständig zu warm trocknet Papier und Leder zu schnell aus, Leim wird spröde und kann schwach werden. Zu viel Feuchtigkeit kann zu Schimmelbildung führen – Papier nimmt Feuchtigkeit schnell auf.

Bücher schätzen es gepflegt und geliebt zu werden wie jedem anderen Lebewesen auch. Besonders dankbar sind sie, regelmäßig mit einem Pinsel gestreichelt zu werden – nebenbei wird das Buch den lästigen Staub am Buchschnitt los. Halte das Buch dabei fest zu, dass der Staub nicht zwischen die Seiten gelangen kann. So bekommt das Buch keine Parasiten oder Ausschläge.

Besonders betagten oder geschätzten Büchern kann man einen Platz in der Louge geben und sie zum Beispiel in einem geschlossenen Schrank oder hinter Glas aufbewahren. Ich selbst habe meine Altehrwürdigen fast alle hinter Glas und mit einem Hygrometer ausgestattet. So sind die Senioren auch vor Gerüchen geschützt, diese werden nämlich gerne vom Papier aufgenommen. Papier riecht schnell nach den Gerüchen der Umgebung, daher auf Dämpfe vom Kochen, Rauchen oder Räuchern achten und am besten gar nicht in den Raum mit Büchern eindringen lassen.

Sollte ein Buch doch mal Schaden nehmen indem eine Seite einreißt oder sich der Rücken löst – verwende bitte kein Klebeband. Das ist wie Panzertape wochenlang auf Haut, nur krasser. Stoffe in Klebebändern verändern den PH-Wert von Papier, sind meistens sehr sauer. So beginnt mit der Zeit ein Zersetzungsprozess des Papieres. Oft geht das Klebeband eine so intensive Verbindung mit dem Zellstoff ein, dass es nicht ohne Verlust zu lösen ist. Auf lange Sicht zerstört Klebeband und anderer ungeeigneter Kleber also dein Buch eher, als das es hilft. Bewahre das Buch sorgfältig in Quarantäne auf, bis du gelernt hast es selbst richtig zu verarzten oder du jemanden findest, der das für dich macht. Du kannst auch auf meiner Seite nach entsprechenden Posts ausschau halten – ich werde bald über kleine Reparaturen an Büchern schreiben.

Der Versuchung hier mit Klebestreifen Erste Hilfe leisten zu wollen, sollte zum Wohle der Seiten widerstanden werden.

Jetzt weißt du alles über die artgerechte Haltung von Büchern sowie deren Pflege und Handhabung. Ich wünsche viel Spaß mit deinen literarischen Schätzelein!

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