Dieser Roman von 1939 „Das Gauklerzelt“ von Otto Brües gehörte meiner Mutter und ist noch in altdeutscher Schrift gedruckt. Ursprünglich hatte das Buch einen Softcover-Einband, also nicht besser als dickeres Papier.
Eigentlich sollte sich der Beitrag dieses Wochenende nur um eine Reparatur des Buchrückens drehen. Ich suchte mir den Roman aus, da es auf den ersten Blick nicht allzu beschädigt schien. Der Schein trügt das ungeübte Auge. Der Leim war schon bröckelig, dass sich die Heftlagen zu lösen drohten, der Buchrücken ist beim Ablösen fast zu Staub zerfallen. Kein guter Zustand und lesen würde das so niemand mehr. Allerdings ist die Bindung noch hochwertig mit Fäden geheftet – allein dieser Tatsache ist es geschuldet, dass es nicht komplett zerfallen ist. Obwohl ich weniger Aufwand geplant hatte, wurde es eine komplett-Überarbeitung des Einbandes.
Möchtest du selbst nach diesem Bericht ein Buch reparieren, ist es von Vorteil, wenn du grundlegende Kenntnisse im Buchbinden besitzt und schon einmal einen Einband hergestellt hast. Außerdem sind ein paar Werkzeuge und Materialien zum Buchbinden sinnvoll.
Werkzeuge
- Cutter/Buchbindermesser
- Lineal mit Stahlkante
- Schneidunterlage
- Falzbein
- Leimpinsel
- Bleistift
- Geodreieck
- Lappen/Tuch
- etwas zum Einspannen/Fixieren des Buchblocks
Materialien
- Buchbinderleinen
- Pappe
- farbige Einbandpapiere
- Zeitungen/Papiere zum Leimen
- Buchbinderleim
- Gaze
- Wachs-/Backpapier
Der erste Schritt beim Reparieren ist eine Bestandaufnahme der Mängel, und das gründlich. Es ist dem Buch nicht geholfen, wenn es nur etwas geleimt wird, obwohl sich darunter der alte Klebstoff auflöst. Nur keine Angst überall etwas herum zu zupfen. Was sich leicht löst, wäre früher oder später von alleine abgefallen und braucht ein Makeover.
Vorsichtig werden die Buchdeckel mit einem Messer abgetrennt und der Rücken abgelöst. Da das Papier des Buchrückens fest mit dem Buchblock verleimt war, musste ich das Papier anders ablösen. Da kann es leicht passieren, dass es danach nicht mehr zu gebrauchen ist, so auch hier. Ich habe mit einem feuchten Lappen nachgeholfen und das Papier vorsichtig betupft. So lies es sich dann abziehen.
Ich entschied mich, neue Buchdeckel aus Pappe zu fertigen. Das alte Cover war zu zerschlissen. Da ich die Buchdeckel trotzdem dünn haben wollte, verwendete ich eine Rückseite eines Malblocks. Die Pappen stehen an den offenen Seiten des Buches ca. 1 bis 2 mm über.
Für den Buchrücken verwendete ich einen Streifen Buchbinderleinen. Auch hier ist es sinnvoll auf die Laufrichtung des Gewebes zu achten, sonst kann es später zu Problemen beim Öffnen des Buches führen. Der Streifen ist etwa drei mal so breit wie das Buch dick ist und ca. 4 cm länger als die Höhe des Buches. Auf dem Streifen wird die Mitte markiert und die Breite des Buchrückens plus die Dicke der zwei Pappen angezeichnet, damit später alles gerade aufgesetzt werden kann.
Die Pappen leime ich auf den Streifen. Zum einleimen lege ich immer Zeitung unter und entferne sie sofort, bevor ich weiter arbeite. So vermeide ich Leimflecken. Die überstehenden Laschen klappe ich ein und falze sie gut in die Kanten der Pappen.
Zurück zum Buchblock der sehr nackt und empfindlich aussieht. Der Rücken wir mit einem Pinsel eingeleimt, dabei achte ich darauf, vor allem an den losen Stellen den Buchbinderleim etwas zwischen die Lagen und Seiten zu bekommen. Mit den Fingern streiche ich links und rechts entlang, um alles zusammen zu drücken. Geschützt mit etwas Wachstuch oder Backpapier kann der Buchblock zum Trocknen auch gepresst werden. Bei diesem Buch war das aber nicht nötig.
Zum späteren fixieren im Einband verwende ich Gaze. Alternativ lässt sich hier auch gut Mullbinde verwenden. Der Gazestreifen ist so lang wie das Buch hoch und wird mittig aufgesetzt. Vorher und nachher gebe ich noch eine dünne Schicht Leim auf den Buchrücken. Die Gaze wird mit den Händen fest gezogen.
Während alles trocknet bereite ich das Einbandpapier vor. Ich wählte ein alt-rosa farbenes Papier, es gleicht sehr stark der originalen Einbandfarbe. Zur Buchfläche werden auf drei Seiten 2 bis 3 cm Streifen dazugegeben. Diese werden später eingeschlagen.
Als der Buchblock trocken war, bekam das Buch einen sauberen Schnitt mit dem Stapelschneider. Hast du so ein Gerät nicht, kannst du es mit einem scharfen Messer versuchen oder auch einfach lassen. Ich für meinen Teil mag den vintage Look von alten Büchern ja eigentlich, aber die Vorderkante war schon sehr uneben durch den gebrochenen Rücken.
Bevor ein Buchblock in seinen Einband kommt, teste ich vorher ob der Einband auch wirklich passt. Die Buchdeckel müssen flach schließen und der Buchblock darf niergends über stehen.
Da der Einbandrücken nur aus Buchbinderleinen besteht, wird der Buchblock direkt mit dem Rücken an das Leinen angeleimt und gut fest gedrückt. Die Gaze wird nun an den Pappen festgeleimt. Sie saugt sehr viel Leim auf, daher kann hier zwei Mal bestrichen werden. Im geschlossenen Zustand wird die Gaze angedrückt. Den Buchblock kann man mit Wachstuch oder Backpapier schützen.
Jetzt kommen die vorbereiteten Einbandpapiere zum Einsatz. In diesem Fall habe ich das Papier von innen her befestigt und die Laschen nach außen umgeschlagen. Außen wird dann zum Schluss das alte Cover wieder aufgeklebt, daher braucht es hier keinen Einband.
Im nachhinein betrachtet, würden die Ecken sicher besser aussehen, wenn der Einband trotzdem außen aufgetragen wäre und zum Kaschieren von innen noch ein anderes Papier verwendet werden würde.
Vor dem Einschlagen der Laschen, trimme ich die Ecken mit einer Schere. Dabei lasse ich einen Abstand von ca. 2 Pappenstärken zur Ecke. Dieser Überstand kann nach dem Umfalten der oberen und unteren Lasche mit Fingernagel oder Falzbein eingeklappt werden. So entstehen saubere Ecken.
Das alte Cover und die Rückseite hatten sehr unebene Ränder. Diese habe ich mit dem Cutter sauber getrimmt. Danach das alte Cover einfach sauber mittig aufkleben. Mit Zeitung unter, über und zwischen den Deckeln das ganze ein paar Stunden pressen. Ist es sehr klamm, zwischendurch die Zeitung auswechseln. Perfekt wären Küchentücher, da hier nicht die Gefahr besteht, dass Druckerschwärze auf das Buch kommt.
Es gibt immer viele Wege und Lösungen zu einem Ziel, sicher hätte man dieses Buch auch ganz anders reparieren können. Mit dem Ergebnis bin ich zufrieden, manches würde ich bei meinem nächsten Buch aber trotzdem anders machen.
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