Schreib an dich!“ ist der Titel eines kleinen Heftleins von Angelika von Aufsess über verschiedene Arten, ein Tagebuch zu führen. Obwohl oder vielleicht auch gerade weil so vieles digital abläuft in unserem Alltag, besinnen sich doch einige unter uns wieder mehr auf Stift und Papier. Für mich war das Schreiben per Hand schon immer etwas Schönes, nur wusste ich nie, was ich schreiben soll oder wie.
Dabei hat es sehr viele Vorteile sich Probleme, Gedanken oder auch Emotionen „von der Seele“ zu schreiben. Und über die Hand fließt es viel leichter hinaus auf das Papier. Ein weiterer Vorteil gegenüber digitalen Medien ist, dass Papier und Stift überall zur Hand sind, es schnell geht und man auch kritzeln kann. Auch eine Skizze oder kleine Zeichnungen sind unkompliziert einfach in den Text integrierbar.
Am wertvollsten ist es jedoch, dass man später oft nur anhand der Schrift die Emotionen ablesen kann. „oh, da war ich aber echt wütend“ oder „wie sorgfältig, da hatte ich viel Ruhe und Geduld“. Rückblickend ist also nicht nur der Inhalt interessant, sondern auch das Schriftbild. Doch wie fängt man an? Ist das nicht total out? Und wie sieht so ein Tagebuch eigentlich aus?
Wichtigstes zuerst: du schreibst nur für dich selbst. Es ist also erst mal völlig egal wie es aussieht, hauptsache es gefällt dir und bringt dich weiter. Denn die wichtigste Aufgabe des Tagebuches ist es, deine Gedanken aufzunehmen und zu verwahren, egal ob man es mal wieder lesen wird, nach einigen Jahren verbrennt oder sogar seinen Enkeln vererben möchte… in erster Linie ist es ein Gefäß für Dinge, die du anderen nicht erzählen willst oder kannst, die zu verwirrend oder privat sind, es einfach Bullshit ist oder du gerade keinen Ansprechpartner hast. Ganz egal, das Tagebuch nimmt dir all das ab und in sich auf.
Ein paar hilfreiche Inspirationen und Formen stelle ich dir hier vor, so hast du einen Anfang – denn der ist bekanntlich neben dem Durchhalten mit das Schwerste. Dazu später mehr. Zum Schreiben brauchst du natürlich erst mal zwei wichtige Werkzeuge. Notizbuch und Stift. Wie diese beiden Dinge aussehen ist völlig dir überlassen. Wichtig ist nur, dass du beides gerne verwendest und es sich auch gut verwenden lässt.
Mein erstes Tagebuch war nur ein Heft mit etwas besserem Umschlag – denn auch ich war mir nicht sicher, ob ich durchhalte und wollte nicht gleich ein schönes Buch „einsauen“. Das Heft war bei dem „Schreib an dich!“-Heft dabei und ludt förmlich zum Schreiben ein. Das Set hatte ich mir gekauft, als mein altes Kaninchen „Bunny“ schwer krank war, ich musste meine Sorgen einfach irgendwo abladen. So hatte es angefangen.
Schreiben kannst du mit jedem Stift. Ich persönlich schreibe gern mit Füller, sie gleiten so schön über das Papier. Aber auch Bleistifte machen ab und an Spaß, nur tut mir bei längeren Texten dann doch die Hand weh. Mit was ich gar nicht schreiben kann, sind Kugelschreiber – meine Handschrift wird so krakelig und schmierig. Aber genau das kann man alles im Tagebuch austesten, denn du kannst jederzeit dein Schreibgerät wechseln – auch mitten im Satz! Keine falsche Bescheidenheit, keinen unnötigen Perfektionismus an den Tag legen. Das verleidet dir sonst nur den Spaß und Nutzen, den das Schreiben bringen kann.
Arten ein Tagebuch zu schreiben
Das Wort Tagebuch implizieren viele mit täglichem Schreiben langer Texte, doch reichen ein paar Worte, vielleicht eine Skizze oder sogar nur ein eingeklebtes Kinoticket. Auch ein „Wochenbuch“ ist ok – aber irgendeine Art von Regelmäßigkeit wäre schon sinnvoll, denn um Routine zu schaffen möchte diese Tätigkeit erst mal aktiv betrieben werden. Um einen größeren Nutzen aus seinen geschriebenen Gedanken zu ziehen als nur eine „Müllhalte“ zu sein, braucht es natürlich auch eine gewisse Häufigkeit der Einträge. Und wenn nichts passiert ist an dem Tag, dann schreibe vor dem Schlafengehen wenigstens „Heute war es langweilig. Gute Nacht.“
Damit wären wir schon bei der ersten inhaltlichen Tagebuchform – banal. Schlichte Satzteile, Stichpunkte, die festhalten, was man so getrieben und erlebt hat. Eine Idee hier, ein Treffen da, ein Gefühl dort. Und schon kann man im Laufe der Zeit sehen, wer man vor einigen Wochen, Monaten oder Jahren war.
Eine weitere Variante ist das notieren innerer Dialoge, oder Briefe an sich selbst. So kann auch Witz entstehen oder auch zu harte Selbstkritik zu Tage treten. Außerdem lässt sich so wunderbar das Gedankenkarusell, das sich sonst schwer anhalten lässt, ausbremsen. Das Hirn wälzt nicht immer und immer wieder die gleichen Gedanken, weil man sie auf dem Papier sprichwörtlich festgehalten hat.
Wer Zeilen nicht leiden kann, es hasst, ganze Sätze zu schreiben oder überhaupt zu formulieren oder einfach gerne kreativ und chaotisch ist, kann auch genau so schreiben. Über die Zeile hinaus, quer, ohne erkennbare grammatikalische Struktur und im total wirren Kauderwelsch. Ja sogar die Rechtschreibung kann mal im Bett bleiben. Einfach die Worte so zu Papier bringen, wie einem der Schnabel gewachsen ist! Super Sache, wenn man gerade wütend ist oder sonstwie Dampf ablassen muss.
Weitere Formen sind das faktische Schreiben wie auf Expeditionen oder Reisen gemacht wird – das kann auch zum Überbrücken dienen wenn man gerade nicht viel anderes zu berichten hat. Oder absolut emotional – rede dir alles von der Seele und sei dein eigener Therapeut mit dem Tagebuch als Zuhörer das du volljammern kannst bis du dich besser fühlst. Geschichtenmäßig kannst du auch dein Leben dokumentieren – rede dir die Welt, wie sie dir gefällt! Dein Tagebuch hat da nichts dagegen, und was da drin steht, geht niemanden was an. Tagträume und Wünsche lassen sich hier ausleben und festhalten – bis man später mal wieder darüber stolpert und nur noch den Kopf schütteln kann…
Literarische Formen gibt es auch viele. So kann der Tagebucheintrag auch als Gedicht oder Songtext niedergeschrieben werden. Das fördert nebenher kreative Wortfindung und den Sprachsinn. So ist das auch ein super Hirntraining und hält die graue Masse fit.
Sehr wertvoll ist auch das notieren von Ereignissen und Erlebnissen, ob daheim in trautem Umfeld oder auf Reisen. Das Festhalten der Eindrücke in schriftlicher Form, beschreiben von Gerüchen, Geräuschen und Gefühlen kann beim Wiederlesen und Erinnern ein wahrer Genuss sein! Nicht nur wird der visuelle Sinn durch Fotos angesprochen, sondern auch alle anderen Sinne werden an das Ereignis erinnert! Ein weiterer Vorteil schriftlich festgehaltener Ereignisse: um etwas in Worte zu fassen, denken wir über die Dinge nach, betrachten sie genau und überlegen, wie wir es niederschreiben. Dabei prägen sich Details und Situationen viel besser in unser Gedächtnis ein und hilft später, sich besser zu erinnern.
Das bringt uns zur nächsten Art von Tagebüchern: Thematisch. Menschen, die Pflanzen lieben und einen Garten haben, könnten ein Gartentagebuch führen. Ich selbst führe ein Traumtagebuch – ich träume viele verrückte Sachen die ich aber schnell vergesse. Das Aufschreiben hilft mir, das geträumte zu verarbeiten, mich besser an den nächsten Traum zu erinnern und außerdem ist vieles zu witzig oder obskur um es nicht auf zu schreiben.
Wer noch immer keine rechte Idee hat, wie er anfangen könnte, kann es mit Fragen probieren. Schreibe dir dazu ein paar Fragen auf wie zum Beispiel „Was hast du heute gelernt?“ „Wie hast du dich gefühlt?“ oder „Für was kann ich heute dankbar sein?“ Versuche deine Fragen jeden Tag zu beantworten. Nach einiger Zeit fällt es leichter und auch die Aufmerksamkeit wird während des Tages schon auf die Beantwortung der Fragen gelenkt und somit auf die positiven Ereignisse. Mit solchen Fragen kann man sogar aktiv sein Leben gestalten. Aber selbst wenn das nicht der Fall sein sollte – daraus lernen kann man nach einiger Zeit auf jeden Fall.
Weitere Aspekte
Auch an der äußeren Form kann man den Tagebucheintrag seinen Bedürfnissen und Wünschen anpassen. Das Geschriebene kann mit Skizzen, Doodles, Stickern, Stempeln, Zeitungsausschnitten oder Fotos unterstützt und verziert werden. Oder es lässt sich aus all dem auch mal eine Collage erstellen. So entstehen Kunsttagebücher! Ob begabt oder nicht, es macht riesen Spaß und gerade wer sich schriftlich nicht so ausdrücken kann oder möchte, ist das eine schöne visuelle Möglichkeit, Gefühle und Ereignisse festzuhalten. Abstrakt und kreativ!
Tagebücher sind eine tolle Methode für (werdende) Autoren, ihre Schreibmuskeln zu trainieren oder aufzuwärmen. Verfasst man Einträge so, als würde man einen Absatz in einem Buch schreiben, also möglichst spannend und erzählerisch, übt man natürlich entsprechende Fähigkeiten. Noch dazu kann man das Erlebte etwas ausschmücken oder so formulieren, dass selbst ein langweiliger Tag witzig wirkt.
Wie ich oben schon erwähnte, schreibe ich um des Schreiben-willens gerne. Die Einträge verwendete ich manchmal dazu, neue Handschriften auszuprobieren oder zu festigen. Probiere dich mit alltäglichen Inhalten an einer schönen Handschrift oder notiere Zitate des Tages als Handlettering-Übung. So hast du deine tägliche Portion Schreibtraining plus einen schönen Tagebucheintrag. Ist das nicht praktisch?
Jetzt hast du jede Menge Input zum Thema Tagebuch schreiben und ich hoffe, etwas davon spricht dich an und ich konnte dich inspirieren ein eigenes Tagebuch zu beginnen. Schreibe doch in den Kommentaren, ob du Tagebuch schreibst und wenn ja, in welcher Art!
Für weiteren Lesestoff empfehle ich das Heft „Schreib an dich! – 26 Arten ein Tagebuch zu führen.“ von Angelika von Aufsess. Hieraus habe ich auch ein paar Ideen für diesen Beitrag entnommen – Frau von Aufsess beschreibt aber noch weitere Variationen und Vorzüge des Tagebuch-schreibens. Es ist schnell durchgelesen und macht Lust auf ein eigenes Tagebuch.
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